Vom Fahrerhaus ins Büro – Die Geschichte einer Disponentin, die beide Seiten der Straße kennt
Zuzanna Malek
Veröffentlicht 04.08.2025
4 min Lesezeit

Wir sprechen mit Dominika Majewska, Disponentin bei Visline, die tausende Kilometer an Routen koordinierte – allerdings erst, nachdem sie sie selbst hinter dem Steuer gefahren war. Über drei Jahre lang war sie als Berufskraftfahrerin mit der Führerscheinklasse C+E unterwegs. Heute erinnert sie sich mit einem Lächeln an die schönsten Kurven in den Alpen, dramatische Momente auf schwedischen Autobahnen und… die Zufriedenheit mit einem Beruf, der nicht in der Fahrerkabine endet.
Fangen wir ganz von vorne an: Woher kommt deine Leidenschaft für den Transport?
Ich hatte schon als Kind Kontakt zu Lkw. Mein Vater war Fahrer, und wann immer er konnte, nahm er mich mit auf Tour. Ich erinnere mich an den Geruch in der Kabine, an die Gespräche über CB-Funk, an die Pausen auf Parkplätzen. Für viele Kinder wäre das langweilig gewesen – sie spielen lieber am Computer. Für mich war das Magie.
Die Leidenschaft war also früh geweckt. Aber wie wurdest du von der Mitfahrerin zur Fahrerin eines Sattelzugs?
Ich habe zuerst studiert, meinen Ingenieur gemacht. Und dann habe ich eines Tages, als mein Freund als Kleintransporterfahrer arbeitete, gesagt: „Lass uns zusammen den C+E-Führerschein machen.“ Ich wollte nicht nur mit ihm unterwegs sein – ich wollte mich selbst herausfordern.
Und dann gleich ins kalte Wasser gesprungen?
Am Anfang waren es nur schnelle Touren in Deutschland. Aber bald fuhren wir auch nach Spanien und durch den Rest Europas. Wochentouren, zurück für eine 24-Stunden-Pause, dann wieder los. Unser Rekord? 7.000 km in sechs Tagen. Nicht empfehlenswert 😊
Das klingt anstrengend. Wie sah dein Alltag aus?
Im Team fährt man bis zu 21 Stunden. Man legt etwa 1.500 km am Stück zurück, danach nur eine 9-Stunden-Pause. Schlafen muss man unterwegs. Manchmal wachte ich auf und wusste nicht, welcher Wochentag es ist.
Und die Emotionen? Gab es Momente, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?
In Schweden fuhr ein Pkw in meinen toten Winkel. Ich habe ihn nicht gesehen, bin die Spur gewechselt – und habe ihn erwischt. Mein erster Unfall überhaupt. Ich hielt sofort an, meine Hände zitterten. Die Polizei meinte: „Klärt das unter euch.“ Wir fuhren weiter, aber ich klammerte mich stundenlang ans Lenkrad.
Und du hast trotzdem nicht aufgegeben?
Nein. Auch wenn nicht immer alles schön war. Ich erinnere mich an Tage voller Erschöpfung, Staus, Frust. Aber es gab auch diese atemberaubenden Aussichten. Spanien, Italien, Portugal… Man musste nicht mal aussteigen, um beeindruckt zu sein. Und wenn wir etwas Zeit hatten, gingen wir zu Fuß auf Entdeckungstour. Jedes Land, jede Stadt brachte neue Eindrücke.
Warum hast du dich dann entschieden, aus dem Lkw auszusteigen?
Ich habe den normalen Rhythmus vermisst. Ein Badezimmer, das man nicht mit Dutzenden Fahrern teilen muss. Ein warmes Essen, das man nicht auf dem Parkplatz aufwärmt. Und ich wollte mich weiterentwickeln – ich mache gerade meinen Master in maritimen Systemen.
Wie bist du dann zu Visline gekommen?
Ich wollte in ein Unternehmen, das versteht: Hinter jedem Transport steht ein Mensch. Visline ist ein Ort, an dem man kein Zahnrad im Getriebe ist – sondern Teil eines Teams, einer Familie, die sich gegenseitig unterstützt.
Aus Sicht einer Fahrerin – wie siehst du heute deine Arbeit als Disponentin?
Am Anfang dachte ich, das wäre leicht. Schreibtisch, Computer, acht Stunden am Tag. Aber in Wirklichkeit ist es eine große Verantwortung. Der Fahrer ist unterwegs – du weißt nicht, was gerade vor Ort passiert. Du musst vorausdenken, reagieren. Und Augen dort haben, wo keine sind.
Du hast einen Vorteil – du warst auf der anderen Seite. Hilft dir das?
Sehr. Ich weiß, wie sich Erschöpfung anfühlt. Ich weiß, dass jemand, der duschen möchte, das nicht aus Langeweile sagt. Auf der anderen Seite kann ich Lenkzeiten berechnen und merke, wenn jemand schummelt.
Und die Fahrer? Wie reagieren sie auf eine weibliche Disponentin?
Mit Respekt. Manchmal überrascht, aber das vergeht schnell. Ich bin selbst gefahren – sie wissen, dass ich mich auskenne.
Gab es unangenehme Situationen?
Klar. Einmal in Italien, beim Rückwärtsfahren auf einem engen Hof, steigt ein polnischer Fahrer aus und ruft: „Sonnenschein, was machst du hinterm Steuer? Du gehörst an den Herd!“ Aber es gab auch viele, die geholfen, gewunken, Platz gemacht haben.
Vermisst du manchmal die Straße?
Wenn ich einen Lkw draußen sehe – ja. Aber heute lebe ich ein anderes Leben. Und ich bin immer noch in der Transportwelt – nur auf der anderen Seite.
Dominika Majewska ist nicht nur Disponentin. Sie ist die Stimme der Fahrerin, die immer noch in ihr nachhallt. Bei Visline verbindet sie zwei Welten – die Straße und das Büro – und zeigt, dass Empathie und Erfahrung die stärksten Werkzeuge der Logistik sind.





